KI-Bild von Venedig

Landkrank

Ich war ergriffen von der Schönheit der Stadt Venedig, die ich zum ersten Mal besuchte. Doch daraufhin dachte ich: Wer bin ich, dass ich mich an dieser Schönheit erfreue? Venedig ertrinkt, versinkt, weil ich dort bin. Vermutlich spiegelte man sich früher in Venedig im klaren Wasser der Kanäle. Heute spiegeln wir uns darin, weil das Wasser von uns so schmutzig ist. Die Klima­krise ist nicht eine Frage der Natur da draussen. Sie betrifft uns alle, weil wir sie mitverursachen. Damit wir mit dieser Tatsache umgehen können, sie verstehen, versuche ich, dem eine Sprache zu geben. Überhaupt nicht, um zu moralisieren.

Diese Gedanken beschäftigen auch den Erzähler in Ihrem Buch «Landkrank». Wie nahe ist er Ihnen?
Er ist eine abgewandelte Version meiner Selbst. Ein junger Mann, der an der Klima­krise verzweifelt. Die Figur basiert auf meinen Erfahrungen. Ich lag tatsächlich in einer Hitze­nacht in Paris wach, bin am nächsten Tag auf die Insel Porquerolles gereist. Dort holte mich das Unbehagen ein. Die Begegnungen und Gespräche im Buch sind real. Aber die Erzählung ist rekonstruiert. Natürlich hatte ich nicht genau in diesen Momenten alle diese Gedanken. Sie sind Teil meiner jahrelangen Arbeit. Diese Misch­form macht es zu einem schwierigen Genre.

Lesen Sie hier im ganzen Interview mit dem Soziologen und Autor Nikolaj Schultz, der erklärt, warum es nicht reicht, wenn man sich in der Klimakrise auf Moralismus und Fatalismus ausruht.